Hochtour Wilder Freiger 3418m
Der Wilde Freiger ist mit seinen 3.418m der siebthöchste Berg der Stubaier Alpen und ein beliebtes Tourenziel im sogenannten Hochstubai. Kein Wunder, kann man diesen Hochtourengipfel doch gleich von mehreren Seiten erklimmen. Trotz der Auswirkungen des Klimawandels bietet er als Teil der Stubai Seven Summits noch immer einen eindrucksvollen Blick auf die imposante Gletscherwelt in der Grenzregion zwischen Österreich und Italien.
Der beschriebene Normalweg über die Nürnberger Hütte bietet dabei inzwischen sogar oft die Möglichkeit, den Gipfel ohne Gletscherkontakt zu besteigen. Dennoch sollte man sich natürlich speziell bei Hochtouren immer über die aktuellen Verhältnisse und Wegbeschaffenheiten erkundigen, sowie entsprechende Erfahrung und Ausrüstung fürs Hochgebirge mitbringen. Wir haben die Tour an einem warmen Spätsommerwochenende in Angriff genommen und den Wilden Freiger verhältnismäßig risikoarm und gänzlich ohne Eis- und Schneekontakt besteigen können.
Zustieg zur Nürnberger Hütte
Das spätsommerliche Wetter lässt dieses Jahr noch bis tief in den September große Bergtouren und Hochtouren zu und so haben wir uns kurzerhand entschlossen, den Wilden Freiger über die Nürnberger Hütte anzugehen. Eigentlich ist die beliebte Hütte im Stubaital an den Wochenenden meist ausgebucht, doch wir haben Glück und erwischen einen der letzten Schlafplätze im Lager. Der Weg über die Nürnberger Hütte ist einer von vielen Anstiegen zum Freiger und nach einem Telefonat mit dem Hüttenwirt ist schnell klar, dass die Route zu dieser Jahreszeit eisfrei ist.
Die Zweitagestour startet am Wanderparkplatz der Nürnberger Hütte kurz nach Ranalt im Stubaital. Hinein ins Langetal geht es zunächst auf breitem Forstweg vorbei an der B’suchsalm und dann über einen stärker ansteigenden Pfad hinauf zur Nürnberger Hütte. Insgesamt ist der Zustieg gut zu gehen und so erhascht man spätestens nach 2h schon einen Blick auf die Hütte und erreicht 30 Minuten später auch das auf 2.280m gelegene Übernachtungsziel. Wer auf dieser ersten Etappe schon Probleme hat, der sollte den Wilden Freiger nicht in Angriff nehmen. Ansonsten kann man den Hüttenabend genießen und sich auf das große Ziel am nächsten Tag freuen.
Früher Start und Sonnenaufgang auf 3.000m
Nach einer kurzen Nacht im Lager lässt uns die Vorfreude auf das Abenteuer, die Müdigkeit schnell vergessen. Von der Terrasse der Nürnberger Hütte startet der Aufstieg in südlicher Richtung. Dank der Stirnlampen sind die Wegmarkierungen größtenteils gut zu erkennen und der Steig führt uns an der steil aufragenden Urfallspitze entlang bis hinauf zur Seescharte auf 2.762m. Wir halten uns hier links und folgen dem Weg in südwestlicher Richtung unterhalb der Verbindung zwischen Urfallspitze und Gamsspitzl. Im immer blockiger werdenden Gelände lohnt es sich gerade in der Dunkelheit immer wieder zu verifizieren, ob man noch auf dem Weg ist. Mit zunehmender Morgendämmerung wird dies leichter und wir kommen schneller voran.
Vorbei an kleineren Schneefeldern und durch Blockwerk kraxeln wir empor zur Basis des Grüblferners auf etwa 3.100m. Von hier zeigt sich bereits das majestätische Gipfelziel im Südwesten. In unserem Rücken hat sich auch die Sonne Stück für Stück vorgearbeitet und so genießen wir mit Blick gen Osten einen herrlichen Sonnenaufgang, der im Anschluss an die blaue Stunde unsere Umgebung schlagartig in ein warmes Licht wirft und uns mit noch breiterem Grinsen hinaufsteigen lässt.
Durch die Gletscherwelt hinauf zum Gipfel
Der Grüblferner, auch Wilder-Freiger-Ferner genannt, ist in der Zwischenzeit von einer Felsrippe durchzogen, bzw. geteilt und hat sich zu beiden Seiten rechts und links „zurückgezogen“. Dadurch ist der Weiterweg mittlerweile v.a. im Spätsommer meist schnee- und eisfrei über einen gratähnlichen Verlauf zu erreichen. Dieser führt uns teilweise mit Tritten und Stahlseilen versichert hinauf bis in das Blockgelände unterhalb des Signalkopfes. Eine kleine Steilstufe ist dabei mit einem Fixseil gesichert bzw. kann über deutlich sichtbare Trittspuren umgehen werden. Wir finden einen kleinen See, in dem sich der Freiger im Morgenlicht spiegelt und steigen dann ohne große Schwierigkeiten vorbei an der alten verfallenen Grenzhütte hinauf zum Signalkopf, direkt auf die Grenze zwischen Österreich und Italien.
Dem Grenzverlauf folgend nach Nordwesten geht es dann die finalen Meter hinauf zum Ziel. Dieser rassige Grat und seine Ausblicke hinab auf den Übeltalferner mit grandios gelegenem Becherhaus und der Müllerhütte stellt nochmal ein echtes Highlight der Tour dar. Er sollte aber aufgrund der Ausgesetztheit mit nötiger Konzentration und Trittsicherheit begangen werden. Außerdem muss man hier je nach Verhältnissen auf Schneereste oder Eis achten. Ein paar einfache Felskontakte später erreichen wir dann den Wilden Freiger, den Cima Libera, auf 3.418m.
Vom ewigen Eis 2.000 HM hinab
Der Ausblick auf dieser Höhe ist selbstverständlich großartig. Wir sind froh zu sehen, dass es hier oben noch solche Mengen an Eis gibt, doch der Anblick ist immer auch emotional. Weitere Größen der Stubaier Alpen, wie das Zuckerhütl und der Wilde Pfaff wirken vom Wilden Freiger zum Greifen nah und man würde gerne die Tour von hier oben verlängern oder beispielsweise auf dem einmalig gelegenen Becherhaus auf der italienischen Seite noch eine Nacht dran hängen.
Tatsächlich stehen für den weiteren Tagesverlauf allerdings ein langer Abstieg von über 2.000 HM bis hinab zum Ausgangspunkt im Stubaital und die Rückreise auf dem Programm. Daher saugen wir noch einmal das erstklassige 360° Panorama auf, bevor der zunächst genauso spannende Rückzug über den Gratverlauf, vorbei am Signalkopf und zwischen den beiden Flanken des Grüblferners über den Aufstiegsweg ansteht.
Beim Abstieg wird es dann schnell wieder sommerlich warm und wir wechseln an der Nürnberger Hütte in die kurzen Hosen, bevor es gemütlich und mit kurzer Einkehr an der B’suchsalm zurück zum Wanderparkplatz geht – mit einem großartigen Abenteuer im Gepäck!
Hochtourenabenteuer ins ewige Eis – get well outside.
Weitere Details und die GPS Daten zum Zustieg Nürnberger Hütte findest du bei Komoot:
Weitere Details und die GPS Daten zur Tour Wilder Freiger und Abstieg findest du bei Komoot: